So gerne würden wir Eltern unseren Kindern den Weg ebnen, damit es ihnen gut geht. All zu gerne machen wir das, in dem wir anfangen, unseren Kindern zu viele Fragen zu stellen, zu oft ungefragt zu helfen und „alles zu analysieren“.
Doch ist das wirklich sinnvoll?
Kinder wachsen in einer Welt voller neuer Erfahrungen, Herausforderungen und Gefühle auf. Als Eltern möchten wir sie beschützen, anleiten und unterstützen. Manchmal übertreiben wir damit und so fangen wir bald damit an, unseren Kindern Fragen zu stellen, wie/was/wo war, wie dann der/die andere reagiert hat und was hätte getan werden sollen. Doch schnell kann diese gut gemeinte Intention unabsichtlich in echte Kontrolle ausarten und das Gegenteil bewirken: es könnte unserem Kind die Möglichkeit nehmen, eigene Wege zu gehen, Fehler zu machen und daraus zu lernen.
Kinder brauchen Vertrauen – in sich selbst und in ihre Eltern. Wenn wir ihnen Raum geben, Entscheidungen zu treffen, stärken wir ihre Selbstwirksamkeit und fördern ein gesundes Selbstbewusstsein. Zu viel Kontrolle hingegen signalisiert ihnen, dass wir an ihren Fähigkeiten zweifeln.
Fehler sind ein wichtiger Bestandteil des Lernens und der Entwicklung. Wenn Kinder die Freiheit haben, Fehler zu machen, lernen sie, Verantwortung zu übernehmen und kreative Lösungen zu finden. Diese Erfahrungen fördern nicht nur ihre Problemlösefähigkeit, sondern auch ihre Resilienz – die Fähigkeit, nach Rückschlägen wieder aufzustehen.
Beziehungsorientierte Begleitung bedeutet auch, Kindern diesen Raum zu geben, während wir sie liebevoll auffangen, wenn etwas schiefgeht. Statt Fehler als „Versagen“ zu betrachten, können wir sie gemeinsam reflektieren und dem Kind helfen, sie als Chance zu sehen. So vermitteln wir die wichtige Botschaft: Du bist nicht perfekt, aber du bist wertvoll – und du kannst wachsen. Vertrauen schafft Verbindung, und diese stärkt uns alle in unserem gemeinsamen Weg.
Beispiel: Fehler machen als 4-jähriges Kind
Ein 4-jähriges Kind möchte beim Frühstück den Saft alleine eingießen, verschüttet jedoch die Hälfte auf dem Tisch. Statt ärgerlich zu reagieren, könnte ein anderer Umgang so aussehen:
Mögliche Reaktion der Eltern: „Ach herrje, der Saft ist ein bisschen daneben gegangen. Das passiert manchmal, wenn man etwas Neues ausprobiert. Lass uns zusammen sauber machen!“
Lernmöglichkeit: Das Kind spürt, dass Fehler in Ordnung sind und Teil des Lernprozesses. Es wird ermutigt, es beim nächsten Mal wieder zu versuchen, ohne Angst vor Kritik.
Diese Haltung vermittelt: „Ich habe Vertrauen in dich, und du darfst lernen.“
WICHTIG: Um „entspannt“ reagieren zu können, ist es essentiell, dass der Elternteil hier genug Ressourcen in sich hat - das Nervensystem darf nicht zu sehr belastet sein.
Beispiel: Fehler machen als Teenager
Ein Teenager kommt zu spät nach Hause, obwohl eine klare Abmachung über die Uhrzeit bestand. Statt sofort mit Strafen zu reagieren, könnte ein anderer Ansatz so aussehen:
Mögliche Reaktion der Eltern: „Du bist heute später gekommen, als wir vereinbart hatten. Kannst du mir erklären, was passiert ist?“
Nach dem Gespräch: „Ich verstehe, dass du Spaß hattest und die Zeit vergessen hast. Gleichzeitig ist es wichtig, dass wir Absprachen einhalten. Wie können wir das in Zukunft besser machen?“
Lernmöglichkeit: Der Teenager erlebt, dass sein Fehler klar angesprochen, aber nicht verurteilt wird. Gemeinsam können Eltern und Kind Lösungen finden, z. B. eine Erinnerung am Handy einstellen.
WICHTIG: Je mehr Kinder/ Jugendliche es gewöhnt sind, in diese Art der Kommunikation zu gehen, desto schneller werden sich Lösungen finden. Aber natürlich nicht immer sofort, manchmal braucht es viele Gespräche, um einen Konsens zu finden.
Diese Haltung stärkt die Beziehung, weil sie zeigt: Fehler führen nicht zu Liebesentzug, sondern sind eine Chance für Wachstum und Vertrauen.
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