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AutorenbildEva Penz

Je langsamer du wirst, desto schneller geht es

Laura (4 Jahre) hat sich heute früh dazu entschieden, 12 kleine Stofftiere mit in den Kindergarten zu nehmen. Die Mutter akzeptiert dies, doch ihr Zeitdruck steigt. Schnell werden die Tierchen in einen kleinen Rucksack gegeben und sie eilen los.

Kurz vor dem Kindergarten hat Laura vergessen, wie viele Stofftiere es waren. „12!“ ruft die Mutter schon sehr ungeduldig, sie ist schon wirklich spät dran. Laura glaubt dieser Aussage nicht recht und muss nun nachzählen. Zähneknirschend treibt die Mutter ihre Tochter an und erklärt ihr, dass sie dafür jetzt wirklich keine Zeit mehr haben. Doch Laura muss stehen bleiben und fängt an, ihren Rucksack zu öffnen, um alle Tierchen auszuleeren. Das ist der Mutter jetzt zu viel, sie nimmt Laura den halb geöffneten Rucksack aus der Hand und schimpft: „Laura, es sind 12! Das geht so nicht, ich muss los!“ Laura will aber zählen, die Mutter nicht. Sie nimmt Lauras Arm und will sie weiterziehen. Laura protestiert.

Eine Weile geht das so hin und her, schließlich nimmt die inzwischen schon völlig gestresste Mutter, Laura energisch auf den Arm, die mittlerweile weint und übergibt ein trauriges und wütendes Kind mit 12 Kuscheltieren an die Pädagogin im Kindergarten. Sie hetzt weiter ins Büro, mit einem schlechten Gewissen und 15 Minuten Verspätung.

Kleine Kinder haben noch kein Verständnis von Zeit und Verpflichtungen. Sie leben im Hier und Jetzt und das mit ihrem ganzen Sein.

Sie zeigen also kein Verständnis, wenn wir Erwachsenen von unseren Pflichten erzählen, weil sie dies nicht im erwachsenen Sinne begreifen können. Sehr wohl reagieren Kinder auf Stress (unterdrückt oder frei rausgelassen) und Druck. Je nach Temperament ist diese Reaktion nach innen gekehrt (Überkooperation) oder - sehr oft - Widerstand.



Laura aus unserem Beispiel spürt den Stress und die Fahrigkeit ihrer Mutter und das löst Unsicherheit in ihr aus. Dies kann sie natürlich nicht ausformulieren, sondern zeigt es in ihrem Verhalten: Sie möchte ihre Kuscheltiere zählen, nicht der Zahl wegen oder weil sie spielen möchte, sondern weil das ihre Strategie ist, um die Situation zu entschleunigen und mit ihrer Mama in Kontakt zu kommen - sie wünscht sich Verbindung zu ihrer Mutter.

Doch diese spürt ihren starken inneren Drang pünktlich im Büro zu sein zu sehr und kann in diesem Moment nicht auf ihre Tochter eingehen, kann eine Verbindung nicht zulassen. Die Situation wird für alle Beteiligten unangenehm.


So hätte die Situation anders laufen können:

Laura spürt, dass ihre Mama fahrig wir und fühlt sich dadurch unsicher. Aus diesem Gefühl heraus möchte Laura nun ihre Stofftiere zählen, um sich von diesem bedrohlichen Gefühl zu befreien. Die Mutter erkennt dies und atmet erstmal tief durch, sie fühlt ihren Stress und gleichzeig auch ihr Verständnis für ihre Tochter. Sie kniet sich neben Laura und sagt: „Laura, du bekommst meinen Stress gerade mit, das tut mir leid. Komm, ich helfe dir, deine Tiere zu zählen.“ Beide leeren den Rucksack aus, die Mutter hält ihn auf und gemeinsam zählend, räumen sie ihn wieder ein.“ Laura kann sich nun entspannen, sie läuft zur Kindergartentüre, denn sie will zuerst läuten. Ruhig verabschieden sich die beiden und die Mutter kommt mit einem guten Gefühl eine Minute zu spät zur Arbeit.


Der Alltag mit all seinen Verpflichtungen hat uns Erwachsene oft stark im Griff und wir wünschen und erwarten von unseren Kindern, dass sie kooperieren. Über weite Strecken tun sie es auch, viel mehr, als uns oft bewusst ist! – doch kommt irgendwann ein Punkt, an dem sie aufzeigen müssen, um zu zeigen, dass „etwas“ in Schieflage ist.

Oft reicht es, wenn du dir als Erwachsene

  • der Dynamik bewusst wirst,

  • dich fragst, was du brauchst,

  • dich fragst, was dein Kind jetzt braucht und

  • ENTSCHLEUNIGE! Damit werden wir langsamer, fühlen uns, unser Kind und können besser auf den Konflikt reagieren.

Durch das Langsamer–Werden geht es dann meist schneller. Und der schöne Nebeneffekt ist, dass du wieder in Verbindung mit deinem Kind bist.


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